Adresshandel (Listbroking) ist ein beliebtes Marketing- und Vertriebsinstrument, um den Erfolg im Unternehmen anzukurbeln. Neue Interessenten und Kunden mit Leichtigkeit gewinnen - das war lange Zeit üblich. In Sachen Datenschutz soll nun ein Riegel vorgeschoben werden. Wir informieren Sie zum aktuellen Stand und geben einen Ausblick auf die möglichen Folgen.
Was versteht man unter Adresshandel und wo wird Adresshandel angewandt?
Unter Adresshandel ist die Weitergabe von Daten zu verstehen, die dazu geeignet sind, Personen direkt zu kontaktieren. Neben dem Namen können es die Telefonnummer, E-Mail-Adresse oder auch die Postadresse sein, die in dem Falle gehandelt wird. Alle diese Informationen gehören laut der DSGVO zu den personenbezogenen Daten und unterliegen daher den datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Doch wie Adresshandel mit dem Datenschutz vereinbar ist, dazu später mehr.
Für Unternehmen war und ist Adresshandel eine gängige Methode, um an potenzielle neue Kundschaft zu gelangen. Auf das Sammeln von Adressen spezialisierte Agenturen können diese vorselektieren und so interessierten Unternehmen Kontakte vermitteln, die ihrer Zielgruppe entsprechen. Statt Marketing mit hohen Streuverlusten zu betreiben, zum Beispiel durch Postwurfsendungen an alle Haushalte in einem Ort, können hiermit gezielt Menschen angesprochen werden. Selbst Unternehmen ohne derartige Ausrichtung durften bislang Privatadressen einfach verkaufen.
Eine Kehrseite hatte diese Art des Marketings jedoch schon immer: Sie kennen sicher die Anrufe aus dem Nichts oder die Postwurfsendungen, bei denen Sie sich gefragt haben, woher der Anbieter Ihre Kontaktdaten hat. Eine Möglichkeit: durch Adresshandel. Alles, was nicht angefordert wurde, kann auch genau den gegenteiligen Effekt haben und belästigend wirken. Datenschützer wollen nun die Regelungen des Machbaren verschärfen.
Datenschutz und Adresshandel, geht das überhaupt?
Adresshandel hat sich in Zeiten verschärfter Regelungen im Datenschutz genauso wie jede andere Art der Datenerfassung an die Bestimmungen der DSGVO zu halten. Das heißt, personenbezogene Daten dürfen nur zu bestimmten Zwecken erfasst und verarbeitet werden. Bislang galt Adresshandel als „berechtigtes Interesse“, was im Grunde das Interesse der Firma höher stellt als das Interesse der Betroffenen. Aus diesem Grund war die ausdrückliche Zustimmung der Person bislang nicht erforderlich. Damit soll nun Schluss sein, fordern Datenschützer der Aufsichtsbehörde. Sie ordnen das Erheben und Verkaufen von Adressen stattdessen als einen Marketingzweck ein, was die gesamte Kommunikation und den Umgang mit den Daten verändert.
Wird nun mit der Datenerfassung die Weitergabe an andere Unternehmen bezweckt, soll dieses ausdrücklich dem Nutzer mitgeteilt und sein Einverständnis eingeholt werden. Jegliche Verschleierungen oder Aktionen im Hintergrund sind dann gesetzeswidrig. Das wiederum sorgt für Transparenz und das Minimieren unerwünschter Werbung oder Telefonanrufe. Halten sich Betreiber an die Datenschutzbestimmungen, ist Adresshandel damit weiterhin möglich - zumindest theoretisch.
Übermittlung von Kundendaten beim Unternehmenskauf
Auch beim Erwerb eines Unternehmens ist ein besonderes Augenmerk auf die vorhandenen personenbezogenen Daten zu richten. Auch haben sowohl verschiedene Landesämter für Datenschutz also auch die Datenschutzkonferenz DSK an der Rechtmäßigkeit der Veräußerung der Kundendaten ihre Bedenken ausgedrückt.
Denn bei einem Unternehmenskauf werden sämtliche Vermögensgegenstände eines Betriebes an den Erwerber übertragen. Somit auch Kundendaten. Daher sollte die datenschutzrechtliche Relevanz bei der Übertragung von Kundendaten bei einem Asset Deal gebührend berücksichtigt werden. Es sind einige Fallen, in die getappt werden kann.
Wie geht es mit dem Adresshandel weiter?
In der Praxis zeigt sich ein gemischtes Bild, was den Adresshandel angeht. Die DSGVO droht den lange Zeit möglichen Rahmen einzuschränken und reduziert damit die gesamte Profitabilität der Maßnahmen. Dadurch, dass eine aktive Zustimmung zur Weitergabe der Kontaktdaten erforderlich ist, ist es logisch, dass viele Konsumenten dieses nicht möchten und somit verweigern. Ist die Datenerfassung mit weiteren Marketingaktionen verknüpft, kann der anvisierte Adresshandel sogar negative Abstrahleffekte haben. Denn Sie erinnern sich, welch negativen Beigeschmack der Adresshandel jahrelang hatte.
Noch ein weiterer Aspekt schränkt die Möglichkeiten ein: Zum Zeitpunkt der Datenerfassung und Zustimmung muss der Verbraucher klar darüber informiert werden, an wen die Daten weitervermittelt werden. Allerdings ist hier selten klar, mit wem die Adressen schlussendlich gehandelt werden. Diese Tatsache könnte diese ganze Branche enorm treffen.
Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen, denn Adresshandel wird als Antreiber der europäischen Wirtschaft gesehen und vom Deutschen Dialogmarketingverband (DDV) verteidigt. Genauso widersetzt sich auch Nordrhein-Westfalen als einziges Bundesland der vorherrschenden Meinung der Datenschützer. In dem Bundesland geht man weiterhin von einem „berechtigten Interesse“ aus. Das macht die Diskussion facettenreich und langwierig.
Noch ist das letzte Wort hinsichtlich Datenschutz und Adresshandel daher nicht gesprochen. Marketingverantwortliche sollten diesen Fall im Hinterkopf behalten, wenn sie Kampagnen planen. Zugleich sollten sie vorbereitet sein, wenn ein Beschluss hierzu gefasst wird. Bleiben Sie mit unserem Newsletter auf dem Laufenden zu aktuellen Rechtsprechungen und abonnieren Sie diesen völlig unverbindlich und kostenfrei. So verpassen Sie keine relevanten Nachrichten und können Ihr Tagesgeschäft zügig den aktuellen Anforderungen anpassen.
Autor: Team datenschutzexperte.de
Artikel veröffentlicht am 09.06.2022