Die Aufsichtsbehörden führen gegebenenfalls gemeinsame Maßnahmen einschließlich gemeinsamer Untersuchungen und gemeinsamer Durchsetzungsmaßnahmen durch, an denen Mitglieder oder Bedienstete der Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedstaaten teilnehmen.
Verfügt der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter über Niederlassungen in mehreren Mitgliedstaaten oder werden die Verarbeitungsvorgänge voraussichtlich auf eine bedeutende Zahl betroffener Personen in mehr als einem Mitgliedstaat erhebliche Auswirkungen haben, ist die Aufsichtsbehörde jedes dieser Mitgliedstaaten berechtigt, an den gemeinsamen Maßnahmen teilzunehmen. Die gemäß Artikel 56 Absatz 1 oder Absatz 4 zuständige Aufsichtsbehörde lädt die Aufsichtsbehörde jedes dieser Mitgliedstaaten zur Teilnahme an den gemeinsamen Maßnahmen ein und antwortet unverzüglich auf das Ersuchen einer Aufsichtsbehörde um Teilnahme.
Eine Aufsichtsbehörde kann gemäß dem Recht des Mitgliedstaats und mit Genehmigung der unterstützenden Aufsichtsbehörde den an den gemeinsamen Maßnahmen beteiligten Mitgliedern oder Bediensteten der unterstützenden Aufsichtsbehörde Befugnisse einschließlich Untersuchungsbefugnisse übertragen oder, soweit dies nach dem Recht des Mitgliedstaats der einladenden Aufsichtsbehörde zulässig ist, den Mitgliedern oder Bediensteten der unterstützenden Aufsichtsbehörde gestatten, ihre Untersuchungsbefugnisse nach dem Recht des Mitgliedstaats der unterstützenden Aufsichtsbehörde auszuüben. Diese Untersuchungsbefugnisse können nur unter der Leitung und in Gegenwart der Mitglieder oder Bediensteten der einladenden Aufsichtsbehörde ausgeübt werden. Die Mitglieder oder Bediensteten der unterstützenden Aufsichtsbehörde unterliegen dem Recht des Mitgliedstaats der einladenden Aufsichtsbehörde.
Sind gemäß Absatz 1 Bedienstete einer unterstützenden Aufsichtsbehörde in einem anderen Mitgliedstaat im Einsatz, so übernimmt der Mitgliedstaat der einladenden Aufsichtsbehörde nach Maßgabe des Rechts des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Einsatz erfolgt, die Verantwortung für ihr Handeln, einschließlich der Haftung für alle von ihnen bei ihrem Einsatz verursachten Schäden.
Der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Schaden verursacht wurde, ersetzt diesen Schaden so, wie er ihn ersetzen müsste, wenn seine eigenen Bediensteten ihn verursacht hätten. Der Mitgliedstaat der unterstützenden Aufsichtsbehörde, deren Bedienstete im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats einer Person Schaden zugefügt haben, erstattet diesem anderen Mitgliedstaat den Gesamtbetrag des Schadenersatzes, den dieser an die Berechtigten geleistet hat.
Unbeschadet der Ausübung seiner Rechte gegenüber Dritten und mit Ausnahme des Absatzes 5 verzichtet jeder Mitgliedstaat in dem Fall des Absatzes 1 darauf, den in Absatz 4 genannten Betrag des erlittenen Schadens anderen Mitgliedstaaten gegenüber geltend zu machen.
Ist eine gemeinsame Maßnahme geplant und kommt eine Aufsichtsbehörde binnen eines Monats nicht der Verpflichtung nach Absatz 2 Satz 2 des vorliegenden Artikels nach, so können die anderen Aufsichtsbehörden eine einstweilige Maßnahme im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats gemäß Artikel 55. In diesem Fall wird von einem dringenden Handlungsbedarf gemäß Artikel 66 Absatz 1 ausgegangen, der eine im Dringlichkeitsverfahren angenommene Stellungnahme oder einen im Dringlichkeitsverfahren angenommenen verbindlichen Beschluss des Ausschusses gemäß Artikel 66 Absatz 2 erforderlich macht.
Art. 62 DSGVO trifft konkrete Reglungen über gemeinsame Maßnahmen der Aufsichtsbehörden. Im Kern ergreifen teilnehmende Aufsichtsbehörden hierbei Maßnahmen im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates. Nach Abs. 1 sollen die Aufsichtsbehörden gemeinsame Maßnahmen treffen, insbesondere bei der Ausübung von Untersuchungsbefugnissen nach Art. 58 Abs. 1 DSGVO und bei der Ergreifung entsprechender Durchsetzungsmaßnahmen. Das Instrument der gemeinsamen Maßnahme kommt dabei hauptsächlich im One-Stop-Shop-Verfahren bei der federführenden Aufsichtsbehörde zum Tragen. Für die Maßnahmen im Rahmen des One-Stop-Shop-Verfahrens (Art. 56, 60 DSGVO) regelt Abs. 2 die Teilnahmeberechtigung anderer Aufsichtsbehörden sowie die Einladungsverpflichtung der nach Art. 56 Abs. 1 oder Abs. 4 DSGVO zuständigen Aufsichtsbehörde. Art. 62 Abs. 2 DSGVO gilt somit nur für grenzüberschreitende Verarbeitungen, für die nach Art. 56 Abs. 1 DSGVO die Aufsichtsbehörde der Hauptniederlassung bzw. einzigen Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters zuständig ist.
Teilnahmeberechtigt sind nach Abs. 2 sowohl diejenigen Aufsichtsbehörden, in deren Mitgliedstaat es eine Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters gibt, als auch diejenigen, in deren Mitgliedstaat eine bedeutende Zahl an Personen von der Auswirkung der Datenverarbeitung betroffen ist. Nach Abs. 2 S. 2 ist die zuständige federführende Aufsichtsbehörde dazu verpflichtet, die teilnahmeberechtigten Behörden einzuladen. Da für die federführende Aufsichtsbehörde meist kaum erkennbar ist, welche Behörden entsprechende Beschwerden erhalten haben und welche Personen welcher Mitgliedstaaten betroffen sind, wird sie die Einladung in der Praxis aussprechen, soweit es ihr zweckmäßig erscheint. Nach Abs. 7 muss die Einladung innerhalb eines Monats ausgesprochen werden, nachdem eine gemeinsame Maßnahme geplant wurde. Eine Pflicht, die Einladung anzunehmen, besteht jedoch nicht. Kommt eine Behörde ihrer Einladungspflicht nicht nach, kann die nicht eingeladene Behörde einstweilige Maßnahmen auf ihrem Hoheitsgebiet gem. Art. 66 DSGVO treffen.
Art. 62 Abs. 3 DSGVO sagt aus, dass Mitglieder sowie Bedienstete der eingeladenen Behörde innerhalb des Hoheitsgebiets der einladenden Behörde aufsichtsrechtliche Befugnisse nach Art. 58 DSGVO wahrnehmen. Nach Abs. 3 S. 1 Alt. 1 kann die einladende Behörde der eingeladenen Behörde Befugnisse übertragen, welche sie sonst allein ausübt. Sie kann der eingeladenen Behörde jedoch auch nach Abs. 3 S. 1 Alt. 2 gestatten, ihre eigenen Befugnisse innerhalb des Hoheitsgebiets der einladenden Aufsichtsbehörde auszuüben. Abs. 3 bezieht sich dabei hauptsächlich auf Untersuchungsbefugnisse, welche nach S. 2 nur unter der Leitung und in Gegenwart der Mitglieder oder Bediensteten der einladenden Aufsichtsbehörde ausgeübt werden dürfen. Es gilt dabei immer das Recht des Mitgliedstaats der einladenden Aufsichtsbehörde.
Die Maßnahmen nach Art. 62 DSGVO charakterisieren die grenzüberschreitende Unterstützung in einem fremden Hoheitsbereich. Abs. 4-6 beschäftigen sich mit der Haftung der Aufsichtsbehörden. Nach Abs. 4 übernimmt im Schadensfall der Mitgliedstaat der einladenden Behörde die Verantwortung und haftet für den Schaden. Er muss den Schaden so ersetzen, als wäre er durch seine eigenen Bediensteten verursacht worden (Abs. 5). Nach Abs. 5 kann der Mitgliedstaat sich den Schaden jedoch von dem Mitgliedstaat der unterstützenden Behörde erstatten lassen, wenn deren Bedienstete den Schaden in einem anderen Mitgliedstaat verursacht haben. Nach Abs. 6 können andere Schäden nicht gegenüber anderen Mitgliedstaaten geltend gemacht werden.
In Art. 28 Abs. 6 DSRL (alte Fassung) wurde die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden nur ansatzweise geregelt. Mit Art. 62 DSGVO wurde nun das Instrument der gemeinsamen Maßnahme eingeführt und die Regelungen für die Zusammenarbeit wurden konkretisiert.
Nach dieser Vorschrift besteht kein direkter Handlungsbedarf für Unternehmen. Ihnen sollte lediglich das One-Stop-Shop-Verfahren nach Art. 56 DSGVO bei grenzüberschreitenden Verarbeitungen bekannt sein.
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